Täter

Die gute Nachricht: Es gibt keine bösen Menschen (nur Menschen, die manchmal Böses tun). Die schlechte Nachricht: JEDER Mensch kann Böses tun.
So lässt sich auch die Tatsache besser verkraften, dass die weit überwiegende Mehrheit der Gewalttäter nicht Unbekannte, sondern vertraute Menschen sind: Verwandte, Freunde, Schulkameraden, Lehrer, Priester, Nachbarn usw.

Gewalttäter sind fast ausschließlich Männer, die meisten sind zwischen 15 und 35 Jahre alt. Auch die Mehrheit der Opfer ist männlich.

Die Botschaft „Nicht mit mir!“ muss ich dem Täter so vermitteln, dass er mich versteht. Was dazu nötig ist, welche Abwehrmaßnahmen erforderlich sind, bestimmt der Täter, nicht ich. Wenn „Bitte unterlassen Sie das!“ nicht ausreicht, muss ich deutlicher werden. Auch der Notwehr-Paragraph fordert: „Nicht zuviel und nicht zuwenig“.

Gewalt als Überwältigung ist in der Minderheit, die Mehrzahl der Gewalttaten, insbesondere gegen Kinder und insbesondere sexualisierte Gewalt, ist anfangs Gewalt durch psychische Manipulation, durch das Erschleichen von Vertrauen und sogar Zuneigung, die dann kaltblütig ausgenutzt wird. Diese Gewalttäter haben ein ausgezeichnetes Gespür für „gute Opfer“, also für stille, schüchterne Menschen mit geringem Selbstwertgefühl (z.B. überbehütete Kinder), und sie sind sozial kompetent, wissen also, wie man nett und freundlich wirkt, Beziehungen herstellt, Bedürfnisse ausnutzt usw.

Das Wissen, dass jeder Mensch dir oder deinen Lieben Gewalt antun könnte, ist Realität; Herunterspielen oder gar Verdrängen dieser Tatsache nutzt nur den Tätern. Wir brauchen also ein sicheres Erkennungszeichen, wann es gefährlich wird. Dieses Zeichen ist: Isolation. Der Täter, der erfolgreich sein will, muss sein Opfer körperlich und/oder geistig kontrollieren. Gefährlich sind daher: 1. Lügen, mit denen der Täter das Opfer „mental fesselt“, also jede Gegenwehr durch Angst lähmt (z.B. „Wenn Du jemandem davon erzählst, bringe ich Deine Mutter um.“), sowie 2. Orte, an denen das Opfer mit dem Täter alleine ist (Wohnung, Keller, Garage, Auto, „Abkürzungen“ durch einsame Gegenden usw.).

Ein gutes Selbstverteidigungstraining beinhaltet daher Übungen zum Erkennen von Isolierungsversuchen, Übungen zur Abschreckung, die dem Täter signalisieren, dass du kein leichtes Opfer bist, Übungen zur klaren Konfrontation („Welchen Teil von ‚Nein‘ hast du nicht verstanden?“) usw.
Gegen verführende Täter muss man wissen, dass eine einmal gegebene Zustimmung (z.B. zu Berührungen) jederzeit und ohne Begründung widerrufen werden kann.

„No! is a complete sentence.“ (Gavin de Becker)


Vertiefende Lektüre:

Maisch, H.: Das Unverstehbare verstehen. Acht forensisch-psychologische Täterbegutachtungen im Strafprozess.
Psychosozial-Verlag Gießen 2007, ISBN 978-3-89806-744-7

Heiliger, A.: Täterstrategien und Prävention. ISBN 3881043195

Gilligan, J.: Violence: Our deadly epidemic and its causes. ISBN 978-0399139796